Und noch ein Ausstellungsstück im Museum:

Die Fachzeitschrift "International Musician and Recording World" gab es von 1974 bis 1991 an den Kiosken und natürlich auch im Abo. Sie verstand sich als Informationsblatt für praktizierende Musiker und ging dabei über die Vorstellung neuer Instrumente hinaus.
Im Juli 1982 wurden so z.B. in Berlin alle namhaften Musikgeschäfte der Stadt besucht um die Qualität der Beratung in Sachen "SYNTHESIZER" anonym zu testen. Ich hatte damals noch nicht lange im "Testsieger", dem Music Shop von Peter Jahnel gearbeitet und es gab damals noch keine separate Abteilung für Synthesizer und Elektronik. Die baute ich dort erst, nachdem das Büro eine Etage höher verlegt wurde auf und das war kurze Zeit nach dem Test. Der seichte Vorwurf der Rumpelkammer stimmt also. Kartons mit Gitarren, Bässen, Lautsprechern, Schlagzeugteilen, Synthesizern usw. stapelten sich tatsächlich in allen Räumen bis unter die Decke und im Laden wuselten immer viele herum die irgendwas ausprobieren oder auch nur mal quatschen wollten. Vielleicht als Entschuldigung: Wie hatten wahnsinnig viel zu tun und unsere Kunden hatten Vorrang vor allem. Für Dekoration hatten wir keine Zeit und irgendwie liebten die Leute auch genau dieses Ambiente. Viel Spaß mit den den Berichten aus dem Heft.

P.S. Unser "Häuptling" bedankte sich dafür bei mir mit einer Pulle Schampus. Ja, so war er :)

"International Musican and Recording World" 4. Jahrgang, Heft Nr 7, Juli 1982

In diesem Monat besuchte unser anonymer Synthesizerexperte sechs Musikfachgeschäfte in Berlin.
Es wurde jeweils nur die Synthesizerabteilung der jeweiligen Läden besucht und die Verkäufer sollten beim Erwerb eines Synthesizers behilflich sein. Man stellte ein paar technisch Fragen, die in jedem Geschäft identisch bis sehr ähnlich waren. Wie zu erwarten variierte der Service beachtlich, und ihr könnt ganz deutlich sehen, was man von den Synthesizerabteilungen der einzelnen Musikfachgeschäfte zu halten hat.

Musik-Shop, Otto-Suhr-Allee

Der Music-Shop liegt in der Nähe des Ernst-Reuter-Platzes. Im ersten Moment hatten wir den Eindruck, wir befinden uns in einer Rumpelkammer, vollgestopft mit Musikinstrumenten. Dieser Eindruck wurde aber bald durch die Art und Weise des Hauses, Kunden zu beraten, vergessen gemacht. Der für die
Synthesizer zuständige Fachmann ging auf unsere Wünsche, eine Beratung samt Vorführung von Synthesizergeräten sofort ein. Etwa eine Stunde lang dauerte die Beratung des wohlinformierten, sachkundigen Music-Shop Mitarbeiters. Er war sichtlich bestrebt, uns mit Ratschlägen und Tips ein Kaufentscheidung zu erleichtern. Die von uns gestellten Fragen wurden präzise und auch für den Laien
verständlich beantwortet. Da die Beratung und Vorführung insgesamt bemerkenswert war, ist ein Besuch des Music-Shops sowohl für Laien als auch für Fortgeschrittene nur zu empfehlen.

Soundland-Drumland, Pariser Straße

Das Geschäft in der Pariserstr. im Stadtteil Wilmersdorf besitzt ein reichhaltiges Angebot an Synthesizern. Zudem sind die Geräte gut und übersichtlich angeordnet. Nach mehrmaligen Anfragen und 30-minütiger Wartezeit erschien der zuständige Fachverkäufer. Die Bedienung durch den Soundland-Mitarbeiter,
der etwas lustlos schien, konnte nicht ganz befriedigen. Allerdings konnte man aus den Antworten entnehmen, daß er über reichhaltige Fachkenntnisse verfügt. Die Fragen unsererseits wurden von dem etwas wortkargen Mitarbeiter recht sachlich und außerdem fachlich korrekt beantwortet. Der Besuch im Soundland kann dem
Laien durch die insgesamt nicht ganz überzeugende Bedienung nur bedingt empfohlen werden.
Wegen der großen Anzahl der vorführbereiten Geräte ist dies sicher für Leute, die viel antesten wollen, die richtige Adresse.

Musik Wiebach, Schloßstraße

Das "Musikhaus Wiebach" liegt im Forum Steglitz. Bei Wiebach kann man außer Musikinstrumenten auch Radios, Schallplatten und Fernsehgeräte kaufen. Die angebotenen Waren sind (wie es sich scheinbar für alle Läden im Steglitzer Forum gehört) gut und übersichtlich angeordnet. In der Electronic-Abteilung werden unter anderem auch Synthesizer angeboten. Dem jungen Mitarbeiter, der sichtlich wenig Zeit oder Lust für eine Beratung hatte (er schaute auffällig oft auf seine Uhr) wußten wir jede Information förmlich aus der Nase ziehen. Er hatte uns einen Korg-Polysix empfohlen, unter anderem mit der Begründung: "Er hat ein Arpeggio, das ist genauso wie ein Sequenzer. Falls Sie später mal Profi werden, brauchen Sie den Sequenzer sowieso nicht". Auf die Frage, welche Art von Filter der Roland besitzt, antwortete er: "Tja, der hat hier lauter Presets, das heißt, er klingt so wie eine Orgel." Da der Mitarbeiter auch fachlich überfordert schien, fiel es uns nicht schwer, die Beratung abzubrechen. Wer eine Beratung sucht, ist hier an der falschen Adresse.

Music-Market, Martin-Luther-Straße

Musik-Market ist eine Berliner Filiale von Bochen-Härles Music Shop in Munderkingen. Das Geschäft befindet sich unweit des Schönberger Rathauses. Nach einem etwas abenteuerlichen Abstieg über eine schmale und steile Treppe gelangten wir in den Synthesizer-Vorführraum. Zum Antesten standen dort genügend Geräte zur Verfügung. Bis auf die Bemerkungen: "Dieses hier ist sehr gut, und das da ist auch sehr gut, und das da ist auch sehr gut" konnte der Mitarbeiter keine nennenswerten Informationen vermitteln. Er ließ sich deshalb auch bald von einem Kollegen ablösen, der fachkundiger war. Anhand eines Korg-Tridents erklärte er die allgemeine Wirkungsweise des Synthesizers. Auf spezielle Fragen wußte der Mitarbeiter allerdings nur unzureichende Antworten. Mit der Bemerkung "Ich bin keine Keyboardspezialist" und den
Hinweis: "Unser Synthesizerspezialist ist zur Zeit nicht da" beendete er seine Ausführungen. Verglichen mit dem Spruch: "Wir haben den Service, denn der Kauf eines Keyboards, speziell eines Synthesizers ist Vertrauenssache" (zitiert aus der hauseigenen Broschüre "Professionelle Produkte") war die Beratung an diesem Tage weniger zufriedenstellend. Der Besuch ist demnach höchstens dem
fachlich informierten Kunden zu empfehlen.

Musikhaus am Zoo, Nürnberger Str.

Der Name "Musikhaus am Zoo" irritiert den Ortskundigen etwas, da man vom Zoo aus etwa 10 Minuten laufen muß, ehe man am Ziel ist. Bei der Vorführung des Roland-SH2 erläuterte der Mitarbeiter "Dies klingt so, und das klingt so."
Auf die Frage, welche Funktionen die einzelnen Regler besitzen, antwortete er nur: "Es wird moduliert." Anschließend wurde der Yamaha CS 70M, seiner Meinung nach das "Nonplusultra", vorgeführt. Er spielte an den Preset-Tasten und erläuterte dabei nur sehr wenig. Auf Fragen bezüglich der Funktionsregler
antwortete er: "Das funktioniert genauso wie bei dem da". (Gemeint war der Roland SH2.) Nach kurzer Zeit wurde die Vorführung mit der Begründung "Diese Filtereinstellung" (wobei er offensichtlich nicht auf die Filterregler zeigte) "darf nicht verändert werden, da der Kunde, der das Gerät gekauft hat, diese Einstellung nicht verändern möchte" beendet.
Was er abschließend mit der Bemerkung: "Wir verkaufen nur noch digitale Synthesizer" meinte, blieb sein Geheimnis. (Einen Yamaha GS1 oder 2, einen Fairlight oder Ahnliches haben wir dort jedenfalls nicht gesehen.)
Vielleicht sollte er das Synthesizerbuch, das er uns während der kurzen Vorführung empfohlen hatte, gründlicher durcharbeiten, ehe er dem Kunden eine solche Beratung zumutet. Somit ist das Musikhause am Zoo für Kunden, die
eine (gute) Beratung erwarten, nicht der richtige Ort

Musikhaus Spandau, Moritzstr.
Das Musikhaus Spandau liegt am Rande der Spandauer Altstadt. Im Vergleich zu den anderen Musikhäusern ist das äußere Bild des Hauses recht ansprechend.
Zur Auswahl standen die beiden Geräte Korg MS20 und Teisco 100F. Der freundliche, aber fachlich absolut überforderte Mitarbeiter wußte genau: "Der Korg ist sehr gut, aber der andere ist natürlich noch etwas besser." Er wußte auch zu berichten, daß der Korg "Hubschrauber und abgestürzte Hubschrauber"-Klänge bringt. Es dauerte eine Weile, ehe er dem Korg ein Geräusch entlockte. Auf die Frage, wieviel Oszillatoren der Korg besitzt, antwortete er unsicher: "Ja, einen Oszillator hat er wohl auch!" Auf ähnliche Fragen gab er falsche oder keine Antworten. Aus dem Teisco entlockte er ein Geräusch, das "wie ein Wasserfall oder sowat" klang.
Für solche Art von Beratung lohnt sich der Weg nach Spandau sicherlich nicht.
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