Dieses Jahr hatte ich mir fest vorgenommen,
wieder ein "richtiges" Modularsystem zu erwerben. Die Art und Weise, wie ich
bisher mit solchen Geräten Musik machte, lassen kaum eine andere Wahl zu
und auch die sehr guten virtuellen Systeme eignen sich für mich nicht so
sehr. Nach den schlechten Erfahrungen mit dem Doepfer A-100 war ich nun auf
das Äußerste gespannt als ich von dem RS-Integrator - System hörte.
Die bekannte Firma EMS sollte irgendwie hinter der Entwicklung stecken
und das ließ mich hoffen. Ich besorgte mir also nach Jahren der Abstinenz
Messekarten und eines der überteuerten Hotelzimmer (Besenkammer mit Dusche
ab 180.-DM) und fuhr los..
Mein erster Weg führte mich direkt in die Halle 9.0
zum Stand B 23. Dort, auf dem Stand von M.A.M. (Music and More), stand direkt
am Gang das größere, neue RS8000 - System im Nußbaumgehäuse.
Die vorangegangene Frankfurter Nacht schien den Leuten von MAM noch mächtig
in den Knochen zu stecken, sie waren jedenfalls heftig mit Kaffeetrinken beschäftigt
und erst nach längerer Zeit nahm sich mal jemand Zeit für mich. Ich
wollte eigentlich am liebsten gleich einiges ausprobieren, was sich aber als
recht verwegenes Unterfangen herausstellte. Der Berater am Stand konnte mir
weder einen Kopfhörer noch sonst eine Möglichkeit zum anhören
bieten. Mit dem Hinweis "..ich weiß nicht---wir haben ja da unten (auf
dem Boden) einen Aktivmonitor --- der Konstrukteur sei noch nicht da--" ließ
er mich jedenfalls stehen nachdem er keine meiner direkten Fragen mit mehr als
einem hilflosen Grinsen beantworten konnte. Offensichtlich hatte man hier einen
"Obstverkäufer" hingestellt. Ich war also auf mich allein gestellt, der
ratlose Berater hat sich wieder zu seinen Kumpels un den Kaffeetassen verkrochen.
Nach einiger Zeit entdeckte ich endlich
eine Leitung, die offensichtlich zum Verstärker führte. Wenigstens
konnte ich jetzt mit meinem Kurzcheck beginnen. Unverständlicherweise wurde
das Modularsystem ausschließlich als Klangerzeuger für einen hektisch
ratternden Drum-Sequenzer präsentiert. An eine Tastatur hatte man nicht
gedacht - langsam beschlich mich eine schlimme Vorahnung!
Gesamteindruck:
Der Rahmen aus Holz macht nicht
viel her, die Verarbeitung ist schlecht! Die Frontplatten der Module sind genauso
zu klein und zu fummelig wie bei dem Doepfer-System. An dieser Stelle der Hinweis,
warum das Ganze INTEGRATOR heißt. Es soll darauf hindeuten - und
das tut man auch an vorderster Stelle auf den schlecht fotokopierten Handzetteln,
daß man die Module mit den Doepfer-Modulen kombinieren kann. Der Grund
ist genauso simpel wie billig: Weil die Frontplatten die gleiche Größe
haben. (Aussage des Beraters, das wußte er wenigstens!!) Aha!
Als Buchsen fanden
auch hier 3.5 mm Klinkenbuchsen Verwendung, Schalter und Reglerknöpfe
sind die übliche Massenware, scheinen aber ausreichend stabil zu sein.
Ich habe anderswo schon Regler gesehen, die ganz erbärmlich wackelten.
Diese hier machen zumindest mechanisch einen brauchbaren Eindruck. Ich reite
gerne auf solchen, scheinbaren Kleinigkeiten herum weil diese Bedienelemente
ja sehr intensiv genutzt werden sollen! Die Frontplatten sind einfach nur alufarben
und sehen genau wie die Doepfer'schen billig und selbstgemacht aus. Die Beschriftung
ist gut leserlich, einige auf der Rückseite des Systems angebrachte Buchsen
haben keine Beschriftung,. Ratespiel?? Die Firma versucht die Garantiebestimmungen
in Europa zu unterlaufen indem sie eine Garantie ausschließt wenn man
kein Gehäuse zu den Modulen kauft. (Vorsicht, das ist riecht nach NEPP!)
Beachtenswert
sind allerdings auch die Preise, die sehr stark differieren. Über das Internet
holte ich mir die Preisliste und da verlangt man z.B. für das "System 1"
949.00 englische Pfund (http://www.users.globalnet.co.uk/~concuss). Umgerechnet
sind das zur Zeit etwa 2695.-DM inclusive der VAT-Tax. Diese muß man als
Deutscher nicht bezahlen, dafür aber wieder hierzulande 16% MwSt. abführen.
Grob gesagt: Man kann die Preise "mal eben so" vergleichen. Hier bei dem exclusiv-Händler
"Touched by Sound" in Nürnberg verlangt man für das gleiche
Teil (System 1) satte 3490.00 DM !!
Kurztest:
Tja, vieles kann man ohne Keyboard
leider nicht oder nur sehr umständlich testen. Ich beschränkte mich
deshalb auf die Schwachstellen, die mir beim Doepfer A-100 auffielen und hoffte,
daß die Firma EMS hier mehr Qualität bieten würde. Zu früh
gefreut, wie sich sehr bald herausstellte.
VCO:
Es gibt nur einen einzigen Knopf
zum Stimmen, daneben noch einen Umschalter der den Bereich zwischen "LOW,
-2 Oktaven und WIDE" wählbar macht. In der Praxis heißt das, daß
man ein System mit mehreren VCO's nicht vernünftig stimmen kann. Ohne Finetune
bedeutet jede noch so kleine Berührung mit dem Reglerknopf, daß man
nochmal nachtrimmen muß. Unhaltbar! Die Wellenformen, die angeboten werden
sind die üblichen, auch auf Pulsweitenmodulation wurde nicht verzichtet.
Die vorhandene Synchronisation habe ich nicht getestet und ging zum nächsten
Modul, dem
VCF:
Der Tiefpaß-VCF ist zur Eigenresonanz in der Lage.
Wie üblich schlecht bei der Verwendung der hochintegrierten Curtis-Chips
ist das Filterverhalten: Bei fest eingestellter Grenzfrequenz des Filters beginnt
ja irgendwann das Resonanzpfeifen wenn man den Resonanzregler weiter aufdreht
- so geschieht es dann auch. Was nun ganz und garnicht geschehen sollte, bei
diesem Filter sinkt die Frequenz plötzlich ab wenn man die Resonanz über
ca. 80 % aufdreht..
Auch wie bei einem anderen System, daß ich eigentlich
nicht schon wieder namentlich erwähnen will, wird auch hier der Filter
(mit oder ohne Resonanz) durch die Amplitude oder die Frequenz des Eingangssignales
beeinflußt. Für kleine Effektsounds mag das reichen, für anspruchsvollere
Klänge ist das absolut inakzeptabel da das alles sehr instabil wird..
Wie auch die
VCO`s verfügen die Filter über einen 1V/Oct. Eingang. Man kann z.B.,
wie viele wissen werden, mit einem Filter der in Resonanz ist, einen Sinuston
erzeugen. Um diese Resonanzfrequenz dann auch sinnvoll zu nutzen, muß
der Filter exakt(!!) so arbeiten wie ein Tongenerator. Beim RS-System tut er
das leider nicht. In Ermangelung eines Keyboards benutzte ich die Steuerspannung
eines Hüllkurvengenerators um damit gleichzeitig einen VCO und den Filter
zu steuern. Ergebnis: Schon nach etwa 1 1/2 Oktaven laufen die Töne
deutlich hörbar auseinander, eine musikalische Verwertung der Funktion
ist also nicht möglich.
Multimode - VCF:
...eigentlich "das gleiche in Grün" . Bandpass
und Bandsperre haben nur feste, unveränderliche Bandbreiten. Einen separaten
Hochpaß-VCF habe ich nicht gefunden.. (ärmlich)
Lust verloren!
Angesichts derart drastischer Mängel
habe ich dann die Lust verloren weitere Tests durchzuführen, das darf
jeder gerne selbst machen, auf meiner Page hier gibt es ja auch zu solchen Kurztests
Hinweise. Ob wie beim .....System auch hier die Steuerspannug auf die Ausgänge
durchschlägt, was zumindest ein Zeichen für schludrigen Abgleich wäre,
kann ich nicht sagen, die in unmittelbarer Nähe hängenden Kopfhörer
von kleinen Drummachines machten ein erbärmliches Gezwitscher und
Geknatter (Laut muß es sein!).
Fazit:
Das System eignet sich meiner
Ansicht nach nicht für Musik im herkömmlichen Sinne, dazu sind schon
die Punkte "Stimmbarkeit" und "Stabilität" verantwortlich. Ich könnte
mir bestenfalls einen Einsatz als Effektstimme, von einem Drumcomputer getriggert
vorstellen. Scheinbar ist das sogar die Grundidee des Herstellers. Von der Hand
einer erfahrenen Firma wie EMS habe ich jedenfalls nichts bemerkt, die würden
sich mit so einen Murks wohl auch kaum brüsten wollen. Nachdem es
Gerüchte gibt, daß diese berühmt-berüchtigten Curtis-Chips
seit längerem nicht mehr produziert und nur noch Restbestände verkauft
werden, habe ich einen Grund mehr, Zweifel an dem Konzept "je billiger
die Bauteile, desto höher der Gewinn" anzumelden.