Nach der Enttäuschung mit dem RS-Integrator
stolperte ich fast über das eigentlich nicht zu übersehende und von
der Schweizer Firma Technosaurus auch stolz präsentierte Modularsystem.
Der Namen Selector erinnerte mich sofort an die Elektronik - Zeitschrift Elektor.
Dort gab es einmal ein Projekt mit genau diesem Namen. Sollte es da Zusammenhänge
geben ??
Um es kurz zu machen, auch hier, wie auf fast allen Ständen,
blubberte es einigermaßen sinnlos rhythmisch vor sich hin. Dieses Jahr
scheint die internationale Musikmesse zu einer Drumtracks-Messe verkommen zu
sein. Die Leute am Stand waren sehr aufgeschlossen und engagiert,
so wie man es sich eigentlich auch wünscht. Als erstes erfuhr ich, daß
dieses System nicht den verbreiteten Curtis-Chips aufgebaut ist sondern daß
die Module "diskret" konstruiert sind. Das heißt nun nicht etwa, daß
man das im heimlichen hätte tun müssen, sondern bedeutet nur, daß
man auf hochintegrierte Spezialchips verzichtet und lieber auf Standard - Bauteile
zurückgreift. Der große Vorteil ist, daß man diese Schaltungen
sehr gut abgleichen kann. Natürlich bedeutet das einen wesentlich höheren
Aufwand und der schlägt sich letztendlich auch im Preis nieder, billig
kann man das System sicher nicht nennen.
Vielleicht habe ich ja einmal die Gelegenheit und kann mir
das in aller Ruhe und fernab vom Messelärm ansehen und ausgiebig testen,
hier am stand stellte ich auf die Schnelle nur folgendes fest:
Wie oben auf dem Bild schon zu erkennen, sind die Bereiche für
Regler und Buchsen getrennt, die Regler sind so leichter zugänglich. Das
Frontplattendesign ist Geschmackssache. Ich würde eine einfarbige Frontplatte
vorziehen auf denen dann zusätzlich einige Hilfslinien (z.B. zwischen Input-Buchse
und dazugehörigem Regler) aufgedruckt werden könnten. Doch wie gesagt:
Geschmacksache! Obendrein hat sich Technosaurus mit der Tarnfarbenoptik ein
unverwechselbares Design gegeben.
Die Beschriftung ist dennoch gut lesbar (zumindest in neutralem Licht) und die
mechanische Ausführung macht einen guten Eindruck: Die Module sind groß
und niemand muß mit den Fingernägeln an den Reglern herumpopeln..
;-) Die Verbindungen werden mit Hilfe von 6.3 mm Klinkenbuchsen / Patchcords
hergestellt. Sehr ordentlich! Etwas ungewöhnlich und für mich
verwirrend war, daß bei diesem System Abschwächer (Regler) nicht
an den Eingängen zu den Modulen sitzen sondern an den Ausgängen. Ich
halte das für wenig glücklich weil ich, wenn ich z. B. während
des Spielens der Meinung bin, eine Modulation sei zu stark, ich dann nicht einfach
den betreffenden Eingang am Modul etwas herunterregeln kann sondern erst einmal
die Modulationsquelle suchen muß um die modulierende CV dann dort zu regeln.
Im ungünstigsten Fall muß man dann sogar mehrere Quellen neu aufeinander
abstimmen..
Beim Kurztest an einigen Baugruppen stellte ich
fest, daß der Tiefpaßfilter nicht von allein in Resonanz gerät.
Nicht ganz zeitgemäß wie ich meine und der Hinweis auf gewisse Probleme
mit sonst notwendigen sehr schnellen VCA's im Filter (wie man mir erklärte)
kann mich auch nicht darüber hinwegtrösten. Schon meine alten Roland-System
100 Filter (von ca. 1975) hatten damit überhaupt keine Probleme. Diese
Selbstoszillation beherrschten fast alle Filter die ich kenne, und es waren
viele gute und teilweise sehr preiswerte darunter. Auch fehlt mir ein 24 dB-Filter.
Die vorhandenen Filter die umschaltbare Steilheit haben (6db/12dB/ Oct) mögen
noch so gut sein, ein 24-ziger gehört zum Standard. Der VCA ludt natürlich
auch hier zu einem Mini-Test ein. Ich stöpselte also eine Rechteck-Spannung
vom einem der VCO's in den Steuerspannungseingang eines VCA's (der kein Signal
bekam) und hörte ..... nichts! Bravo So muß eine gut abgeglichene
Schaltung arbeiten. Da man den VCA von logarithmischer auf lineare Funktion
umschalten kann, ist es natürlich nur möglich diesen Abgleich auf
eine der Charakteristiken durchzuführen - ich glaube, man hat ihn auf die
log. Funktion hin optimal eingestellt. Der Ausgang der VCA's, so erfuhr ich,
ist symmetrisch ausgeführt, d.h. zum Anschluß an einen Mischpult
oder dergleichen. Sie sind nicht in der Lage Gleichspannungen zu verarbeiten.
Schön und gut meine ich, wenn man so etwas am Sammelausgang macht, in einem
Synthesizermodul hat der Schnickschnack allerdings nichts zu suchen weil man
dadurch das Synthesizersystem (alles sollte mit allem kombinierbar sein) als
solches in Frage stellt. Die VCA's können also keine sehr niederfrequenten
oder gar Gleichspannungen bearbeiten, ein deutlicher Mangel.
Von den Hüllkurven berichtete man stolz, man hätte extrem schnelle
Generatoren mit Anstiegszeiten von weniger als 0.07 ms!!.
Ok, Ok, ich habe nicht viel getestet, Ist aber auch
nicht mehr richtig möglich gewesen, während ich am Stand mit
dem Analogue Systems-Sachen noch einigermaßen Ruhe hatte, schwoll der
Krach in der Halle immer weiter an, es waren auch schon 3 Stunden vergangen,
meine Füße schmerzten, der Schweiß lief den Rücken herunter
und überhaupt: Wer sich ein Bild machen möchte sollte das möglichst
selbst tun - es ist ja nicht so weit bis zur Schweiz!
NACHTRAG August 2004: Bis heute wurde an dem System nichts verbessert, die Lieferzeiten sind extrem lang, die Preise noch höher geworden. Bis zum heutigen Tage gibt es weder einen 24 dB Filter noch einen brauchbaren analogen Sequenzer. Selbst die mangelhafte Resonanz der Filter wurde nicht in Ordnung gebracht. Ist das nun die berüchtigte Schweizer Langsamkeit oder einfach nur Desinteresse!? Ich habe es nicht herausgefunden, kann das System nach diesen Erfahrungen aber nur noch eingeschränkt empfehlen denn es ist NICHT VOLLSTÄNDIG.