Selector
(Technosaurus)
www.technosaurus.ch



Kurzbericht von der Musikmesse Frankfurt (5.3.99)

     Nach der Enttäuschung mit dem RS-Integrator stolperte ich fast über das eigentlich nicht zu übersehende und von der Schweizer Firma Technosaurus auch stolz präsentierte Modularsystem. Der Namen Selector erinnerte mich sofort an die Elektronik - Zeitschrift Elektor. Dort gab es einmal ein Projekt mit genau diesem Namen. Sollte es da Zusammenhänge geben ??
    Um es kurz zu machen, auch hier, wie auf fast allen Ständen, blubberte es einigermaßen sinnlos rhythmisch vor sich hin. Dieses Jahr scheint die internationale Musikmesse zu einer Drumtracks-Messe verkommen zu sein.   Die Leute am Stand waren sehr aufgeschlossen und  engagiert, so wie man es sich eigentlich auch wünscht. Als erstes erfuhr ich, daß dieses System nicht den verbreiteten Curtis-Chips aufgebaut ist sondern daß die Module "diskret" konstruiert sind. Das heißt nun nicht etwa, daß man das im heimlichen hätte tun müssen, sondern bedeutet nur, daß man auf hochintegrierte Spezialchips verzichtet und lieber auf Standard - Bauteile zurückgreift. Der große Vorteil ist, daß man diese Schaltungen sehr gut abgleichen kann. Natürlich bedeutet das einen wesentlich höheren Aufwand und der schlägt sich letztendlich auch im Preis nieder, billig kann man das System sicher nicht nennen.
    Vielleicht habe ich ja einmal die Gelegenheit und kann mir das in aller Ruhe und fernab vom Messelärm ansehen und ausgiebig testen, hier am stand stellte ich auf die Schnelle nur folgendes fest:

Wie oben auf dem Bild schon zu erkennen, sind die Bereiche für Regler und Buchsen getrennt, die Regler sind so leichter zugänglich. Das Frontplattendesign ist Geschmackssache. Ich würde eine einfarbige Frontplatte vorziehen auf denen dann zusätzlich einige Hilfslinien (z.B. zwischen Input-Buchse und dazugehörigem Regler) aufgedruckt werden könnten. Doch wie gesagt: Geschmacksache! Obendrein hat sich Technosaurus mit der Tarnfarbenoptik ein unverwechselbares Design gegeben.
Die Beschriftung ist dennoch gut lesbar (zumindest in neutralem Licht) und die mechanische Ausführung macht einen guten Eindruck: Die Module sind groß und niemand muß mit den Fingernägeln an den Reglern herumpopeln.. ;-) Die Verbindungen werden mit Hilfe von 6.3 mm Klinkenbuchsen / Patchcords hergestellt. Sehr ordentlich! Etwas  ungewöhnlich und für mich verwirrend war, daß bei diesem System Abschwächer (Regler) nicht an den Eingängen zu den Modulen sitzen sondern an den Ausgängen. Ich halte das für wenig glücklich weil ich, wenn ich z. B. während des Spielens der Meinung bin, eine Modulation sei zu stark, ich dann nicht einfach den betreffenden Eingang am Modul etwas herunterregeln kann sondern erst einmal die Modulationsquelle suchen muß um die modulierende CV dann dort zu regeln. Im ungünstigsten Fall muß man dann sogar mehrere Quellen neu aufeinander abstimmen..
     Beim Kurztest an einigen Baugruppen stellte ich  fest, daß der Tiefpaßfilter nicht von allein in Resonanz gerät. Nicht ganz zeitgemäß wie ich meine und der Hinweis auf gewisse Probleme mit sonst notwendigen sehr schnellen VCA's im Filter (wie man mir erklärte) kann mich auch nicht darüber hinwegtrösten. Schon meine alten Roland-System 100 Filter (von ca. 1975) hatten damit überhaupt keine Probleme. Diese Selbstoszillation beherrschten fast alle Filter die ich kenne, und es waren viele gute und teilweise sehr preiswerte darunter. Auch fehlt mir ein 24 dB-Filter. Die vorhandenen Filter die umschaltbare Steilheit haben (6db/12dB/ Oct) mögen noch so gut sein, ein 24-ziger gehört zum Standard. Der VCA ludt natürlich auch hier zu einem Mini-Test ein. Ich stöpselte also eine Rechteck-Spannung vom einem der VCO's in den Steuerspannungseingang eines VCA's (der kein Signal bekam) und hörte ..... nichts! Bravo So muß eine gut abgeglichene Schaltung arbeiten. Da man den VCA von logarithmischer auf lineare Funktion umschalten kann, ist es natürlich nur möglich diesen Abgleich auf eine der Charakteristiken durchzuführen - ich glaube, man hat ihn auf die log. Funktion hin optimal eingestellt. Der Ausgang der VCA's, so erfuhr ich, ist symmetrisch ausgeführt, d.h. zum Anschluß an einen Mischpult oder dergleichen. Sie sind nicht in der Lage Gleichspannungen zu verarbeiten. Schön und gut meine ich, wenn man so etwas am Sammelausgang macht, in einem Synthesizermodul hat der Schnickschnack allerdings nichts zu suchen weil man dadurch das Synthesizersystem (alles sollte mit allem kombinierbar sein) als solches in Frage stellt. Die VCA's können also keine sehr niederfrequenten oder gar Gleichspannungen bearbeiten, ein deutlicher Mangel.
Von den Hüllkurven berichtete man stolz, man hätte extrem schnelle Generatoren mit Anstiegszeiten von weniger als 0.07 ms!!.
     Ok, Ok, ich habe nicht viel getestet, Ist aber auch nicht mehr  richtig möglich gewesen, während ich am Stand mit dem Analogue Systems-Sachen noch einigermaßen Ruhe hatte, schwoll der Krach in der Halle immer weiter an, es waren auch schon 3 Stunden vergangen, meine Füße schmerzten, der Schweiß lief den Rücken herunter und überhaupt: Wer sich ein Bild machen möchte sollte das möglichst selbst tun - es ist ja nicht so weit bis zur Schweiz!


Fazit:
     Das, was ich in der Kürze gesehen habe, kann ich empfehlen.  Es scheint also doch noch modulare Systeme zu geben mit denen auch Musiker jenseits der klanglich relativ anspruchslosen  Techno-Trance-usw - Szene  richtig gut arbeiten können. (Deren Anhänger mögen mir die Verallgemeinerung die "nur" auf ca. 90% der Szene paßt verzeihen )  Absolut nicht ins Bild passen die angesprochenen Schwächen (kein 24db-Filter, keine Selbstoszillation, VCA's die CV's nur eingeschränkt bearbeiten können).  Der Analoge Sequenzer -- naja, wie soll ichs nur sagen: Ich meine, der paßt nicht zum System ! Ein 16 Step MiniSequenzer, fast im Format eines Bodeneffektgerätes, also nee! Wenn schon Sequenzer und analog und passend, dann mindestens 3x12 Steps und  mit einigen Features! Ich hätte da schon reichlich Ideen aber mich fragt ja keiner ;-)
      Einige Module werden nun wohl auch noch nachträglich gebaut, so z.B, ein 24 dB/Oct. Filter und ein "Potpourri-Modul".
Hier schlägt der Charme der Schweiz durch ;-) anderswo nannte man sowas CV-Prozessor.. Ich kann nur hoffen, daß die Firma dem Konzept treu bleibt und daß sich Qualität weiter durchsetzt. Vielleicht kann auch ich mir sowas leisten wenn durch die Nachfrage die Preise etwas rutschen !? Für ein gut ausgestattes System muß man schond den Gegenwert eines Kleinwagen rechnen. Allerdings, was die "jungen" heute gar nicht wissen können und was ältere Synthesisten gerne vergessen haben, vor 15-20 Jahren war das nicht anders: Elektronische Musik war ein teures Hobby und wird es auch bleiben wenn man Wert auf Qualität legt und sich nicht mit Spielzeug umgeben will..

NACHTRAG August 2004: Bis heute wurde an dem System nichts verbessert, die Lieferzeiten sind extrem lang, die Preise noch höher geworden. Bis zum heutigen Tage gibt es weder einen 24 dB Filter noch einen brauchbaren analogen Sequenzer. Selbst die mangelhafte Resonanz der Filter wurde nicht in Ordnung gebracht. Ist das nun die berüchtigte Schweizer Langsamkeit oder einfach nur Desinteresse!? Ich habe es nicht herausgefunden, kann das System nach diesen Erfahrungen aber nur noch eingeschränkt empfehlen denn es ist NICHT VOLLSTÄNDIG.