Roland SH - 101

auch der folgende Bericht wurde von uns für die SFB-Sendung "Steckdose: Computermusik - Musikcomputer" geschrieben. Redakteur und Hauptmacher der Sendung war Wolfgang Layer.

Testbericht  vom 10.1.1983



       Mit dem SH-101 kommt ein Gerät auf den Markt, das sich der Livemusiker um den Hals hängen kann. Auf ein eingebautes Netzteil wurde wegen der dann notwendigen Netzanschlußschnur verzichtet. Der SH 101 kann entweder mit Batterien oder im stationären Betrieb mit einem externen Netzteil betrieben werden.   Beim SH-101 handelt es sich um einen einfachen, monophonen Kompaktsynthesizer mit eingebautem Sequencer der niederen Preisklasse. (ca. 900 DM) Er enthält im einzelnen: 1VC0, 1Noise-Generator, 1 Tiefpass-VCF, 1VCA, 1ADSR-Hüllkurvengenerator, 1 Modulationsteil  (LFO, Sample & Hold), Sequenzer und Arpeggiator.

     Der VCO liefert die Wellenformen Sägezahn und Rechteck im Bereich von 8 Oktaven, wobei beim Rechteck eine Pulweitenmodulation manuell, durch den LFO oder durch die Hüllkurve des ADSR möglich ist.  Der NOISE-GENERATOR produziert ein Rosa Rauschen. Besonders zu bemerken ist, daß im Audio Mixer beide VCO-Wellenformen, Rauschen und ein Rechteck 1 bzw. 2 Oktaven tiefer als das VCO-Signal beliebig miteinander gemischt werden können.
    Der VCF ist ein 12 dB Tiefpassfilter dessen Grenzfrequenz von der Modulationseinheit, dem Hüllkurvengenerator und vom Keyboard gesteuert werden kann. An dieser Stelle mal ein dickes Lob an die Roland-Leute: Der Filter arbeitet 100% ig linear und kann in Vollresonanz stimmrein gespielt werden (Keyb.- CV Regler auf max. Anschlag). Die Beeinflußung des Filters durch den Hüllkurvengenerator fällt nach unserer Meinung viel zu gering aus. (ca.50% Filteröffnung bei maximaler ADSR-Steuerspannung) Dem Gesamtsound geht dadurch jedweder "Biss" verloren. Selten bei Roland ist, daß der Filter des SH-101 durch das Rauschen moduliert werden kann, was einige gute
Effekte ermöglicht.
     Der VCAkann durch die Hüllkurve oder durch das Tastatur-Gate gesteuert werden.
     Leider verfügt der SH101 nur über einen ADSR- Hüllkurvengenerator. Offensichtlich ist den Firmen die Bedeutung unabhängiger Filter- und Lautstärkensteuerung immer noch nicht bewußt, oder zählt wieder einmal einzig und allein, daß ein neues Gerät eben laut Marktforschung nicht mehr als  "Soundsoviel" Mark kosten darf !? Abgesehen von der Attack-Zeit die mit 3,5 Sekunden zu kurz ist, sind alle anderen Zeiten(Decay, Release) mit mehr als 10 Sekunden ausreichend dimensioniert. Äußerst sinnvoll ist auch das Vorhandensein eines Umschalters: Multitrigger(auch bei Legato-Spielweise erfolgt bei jedem Tastendruck die Neutriggerung), Normalgate, und Mehrfachtriggerung durch den LFO bei gedrückter Taste.
    Die Modulationseinheit besteht aus einem LFO mit den Kurvenformen Dreieck und Rechteck, einem Sample&Hold Generator und dem Rauschen. Die LFO-Frequenz ist in einem Bereich von 0,1 bis 30 Hz regelbar. Die gewählte Modulationsspannung dient zur Frequenzveränderung des VCO-Signals und des Filterpunktes.
     Die links von der Tastatur untergebrachte Spielhilfensektion beinhaltet den Gesamtvolumenregler, Oktavschalter  (+/- 1 Okt.), Pitchbending/Modulationsrad, Abschwächer für die vom Handrad geregelten Funktionen und die Portamento-Einheit. Ungewöhnlich und sehr sinnvoll ist die Verbindung des Handrades mit einem Schalter der, drückt man das Handrad nach vorne, das Dreieck des LFO auf Filter und VCO schaltet. Die Stärke dieser Modulation ist durch einen der drei Abschwächer regelbar. Die maximale Intensität der Hanradbeeinflußung von Filter und VCO ist getrennt einstellbar. Mechanisch ließ das Handrad allerdings zu wünschen übrig. Auch beim Portamento haben sich die Roland-Leute was einfallen lassen: Zusätzlich zu dem in seinen Zeiten großzügig bemessenen normalen Effekt kann man mit einem Wahlschalter in Stellung "Auto" erreichen, daß ein Portamento-Effekt nur bei Legatospiel auftritt.
    Allgemein läßt sich zum SH 101 noch folgendes sagen: Gleich nach dem Einschalten des nach wenigen Sekunden stimmstabilen Gerätes fiel uns eine Unsauberkeit der ungefilterten Signale  auf. Grund dafür ist eine ungenügende Dämpfung des LFO -Taktsignals und des hochfrequenten digitalen Systemtaktes die zusammen zu einer Modulation des Klanges führen. Das uns vorliegende Gerät war außerdem nicht auf 440 Hz stimmbar. Der Arbeitsbereich des Tune-Reglers erscheint  zu gering. Für den Stage-Act kann ein kurzer Kunsstoffarm an der linken Gehäuseseite angeschraubt werden. Dieser enthält einen Regler der in seiner Funktionsweise das Handrad ersetzt.

ACHTUNG!
 !!! Bei einigen Einstellungen kann u.U. ein weit über dem Normalpegel liegender, nicht hörbarer Ausgangspegel entstehen (Gefahr für Mixer und Verstärkereingänge sowie für Hochtonlautsprecher). Unsere Revox-Bandmaschine hat es jedenfalls  die Eingänge "zerschossen"  !!!

 Sequenzer/Arpeggiator
      Mehr Gedanken hat man sich bei Roland offensichtlich um die Sequenzerelektronik gemacht: Es können vollkommen rhytmische Sequenzen programmiert werden, also Noten unterschiedlicher Länge und beliebige Pausen. Auch ein Legato zwischen einzelnen Tönen ist möglich. Der Sequenzer verfügt über 100 Step-Speicherplätze, wobei der kürzeste, in einer Sequenz verwendete Notenwert einen Speicherplatz belegt, alle längeren Notenwerte oder Pausen benötigen mehrere Speicherplätze. Eine 100-tönige Sequenz ist somit nur als pausenlose, nicht rhytmische Tonfolge realisierbar.  In eine gespeicherte Sequenz kann nachträglich eingegriffen werden! Einzelne Töne können ersetzt, hinzugefügt oder entfernt werden, so daß bei einem nachträglich festgestelltem Programmierfehler nicht die gesamte Sequenz erneut eingegeben werden muß. Die Sequenzen werden beim Abschalten nicht gelöscht sofern Batterien eingelegt sind und werden bei jeder Neuprogrammierung überschrieben. Der Sequenztakt kommt vom LFO oder von einem externen Taktgeber bis maximal ca.400 Hz. Der Sequenzer steuert sowohl VCO wie auch VCF(!).
    Mit dem Arpeggiator können auf- und/oder abwärtslaufende Tonfolgen mehrerer gedrückter Tasten produziert werden. Wie beim Sequenzer wird auch er über den LFO oder extern gesteuert.


Gesamtergebnis:
      Mit dem SH-101 hat sich Roland in dem Bemühen es möglichst vielen recht zu machen, exakt zwischen zwei Stühle gesetzt. Auf den ersten Blick wirkt der SH 101 mit Batterie-Betrieb, Seitenarm wie ein Lead-Synthy für den Bühnen-Einsatz. Dazu fehlt es ihm leider an einem, für diesen Zweck außerordentlichen wichtigen "markigen" Sound. Wer ausdrucksvolle Melodien spielen will, wird von einem eher mageren Plastiksound entäuscht werden. Als Lead-Synthy kann man sich den ROLAND SH 101 noch am ehesten in einer ultracoolen New-Wave-Formation vorstellen, in deren allgemein schütteres Klangbild er durchaus passen würde. (Das ist wirklich nicht ironisch gemeint!). Der Grundklang ist, wie von anderen  Roland-Geräten schon bekannt, sehr neutral, fast klinisch. (vgl.SH-Serie).
     Für einen Leadsynthesizer erscheint auch die Verwendung eines Sequencers überflüssig. Für den (Heim-)Studio- Betrieb ist die Ausstattung des Synthesizer-Teils andererseits zu karg geraten, zumindest bei ausschließlicher Verwendung.
    Als sinnvollster Einsatz erscheint die Verwendung als Zusatzinstrument und einfache Sequenzbegleitung für beide Betriebssituationen. Der SH 101 ist als Einzel-bzw Anfängergerät nur bedingt zu empfehlen da er eigentlich nur als Sequencer mit Komplettstimme zu bezeichnen ist. (vgl.Firstman von Multivox)  Man hat den Eindruck,daß Roland mit diesem Gerät einen breiten Käuferkreis ansprechen wollte,ein guter Vorsatz, der einfach an dem zu geringen Verkaufspreis und den damit notwendigen Einsparungen scheitern mußte. Unserer Meinung nach wäre es besser gewesen sich klar für ein Konzept zu entscheiden.
Ladenpreis ca. 750.- DM, mit Modulationsgriff ca. 860.- DM