Siel -  KIWI

auch der folgende Bericht wurde von uns für die SFB-Sendung "Steckdose: Computermusik - Musikcomputer" geschrieben. Redakteur und Hauptmacher der Sendung war Wolfgang Layer.


... ein Nachtvogel, der eigentlich sein Zuhause in Neuseeland haben sollte war der Namensgeber für das Gerät, welches heute in der Steckdose steckt. Rund heraus gesagt geht es um den KIWI-Synthesizer der italienischen Firma SIEL.
     Daß ein Musiker, der sich für den Keyboard-Sektor interessiert noch nie etwas vom KIWI gehört hat, möchte ich glatt als Unwahr bezeichnen. Seit dem Auftauchen computergesteuerter Systeme und seitdem auch Standard-Synthesizer mit dem vielgenannten MIDI-Interface ausgerüstet werden, jagdt eine Sensationsmeldung aus der Keyboardecke die andere. Der Kiwi soll nun erstmals ein Gerät sein, welches die Midibuchse nicht nur als nützliches Zubehör mitbringt, sondern es ist speziell auf die Anwendung im Zusammenhang mit Computern entwickelt worden.
       Wir haben uns den Kiwi im Music Market angesehen, die den Vertrieb für Berlin übernommen haben.  Sieht man sich das Gerät erst einmal in Ruhe an bevor man es einschaltet, fällt die übersichtliche Anordnung der Bedienelemente angenehm auf. Die Tastatur macht ebenfalls eine soliden Eindruck und ist, wie sich später herausstellte ausgezeichnet spielbar.

    Der Kiwi ist in seiner Grundversion, die man nach anfänglichen Lieferschwierigkeiten in den Fachgeschäften sehen, ausprobieren und erstehen kann, ein sechstimmiger polyphoner Synthesizer mit einer vorzüglich spielbaren Anschlagdynamik. Durch ein, zur Zeit noch nicht erhältliches Expandermodul soll er auf 12 Stimmen ausgebaut werden können. Das Midi -Interface werden wir in unser heutigen Besprechung aussparen, es gibt da noch einige Software-Probleme, die sich mit Sicherheit noch lösen lassen werden und die mit dem Kiwi als Instrument nichts zu tun haben.
       Schaltet man den Kiwi ein, kann man sofort beginnen, ein Programm auszuwählen und drauflos spielen. Die Stimmstabilität ist aufgrund der Verwendung von digital gesteuerten Tongeneratoren, den DCO's ausgezeichnet. Von diesen DCO's  hat der Kiwi 2 Stück pro Stimme. Die Wellenformen der Generatoren lassen sich nicht nur umschalten sondern auch mischen. Die Lautstärke der DCO's ist nicht regelbar, DCO-2 kann jedoch gegenüber DCO-1 per Tastendruck um die Hälfte der Lautstärke verringert werden. Over-Cross Modulations und Synchronisationseffekte sind wegen der direkten digitalen Steuerung der Generatoren ebenfalls nicht machbar. Damit der Sound nicht zu klinisch wird, kann man aber die DCO's gegeneinander verstimmen. Der Bereich der Pulsweitenregelung ist sehr groß, so daß in den extremen Einstellungen die Tonerzeugung abbricht (0-100%) was auf einen optimalen Bereich schließen läßt.
     Der VCF, von dem natürlich jede Stimme einen besitzt, ist ein 24dB Tiefpass-Filter mit ausreichender Güte um bei maximaler Resonanzeinstellung ein selbstschwingen auch ohne Eingangssignal zuzulassen. Die Grenzfrequenz kann durch den Hüllkurvengenerator und durch das Keyboard gesteuert werden. Schlecht fanden wir, daß man den Filter bei maximaler Resonanz mit der Tastatur tonal nicht richtig spielen kann, eigentlich ein "muß" für jeden Synthy.
Der Abgleich des Exponentialkonverters am Filter muß unbedingt verbessert werden. Um gleich beim Kritisieren zu bleiben, soll hier erwähnt werden, daß der Kiwi nur einen  ADSR pro Stimme aufweist. Das schränkt die Klangvielfalt natürlich enorm ein weil einige Filtereffekte nicht mehr hörbar sind, wenn im gleichen Maß die Lautstärke sinkt.
     Als Modulationsquellen stehen dem Soundtüftler 2 LFO's zur Verfügung. In Prospekten und auch auf dem Gerät findet man zwar die LFO's 1 - 3, da sich zwei aber nur gemeinsam in Frequenz und Amplitude regeln lassen, dürfte das nur Etikettenschwindel sein. Die allseits so beliebten Handräder wurden nicht vergessen, wohl aber anderes wie Portamento oder eine, wie auch immer geartete Keyboard-Logik.  Die eigentliche Neuheit bei einem Synthesizer dieser Preisklasse (ca. 3390.-DM) ist die wirklich gut gelungene Anschlagdynamik, die sowohl den Filter wie aich den VCA steuern kann. eine gute Idee ist die dynamische Steuerung der ADSR-Attack-Zeit, das ist natürlich erst einmal recht gewöhnungsbedürftig.
      Zur Programmierung des Kiwi ist eigentlich nicht viel zu sagen, sie funktioniert wie bei anderen Geräten. Der Kiwi hat 95 Klangspeicher, die allemal ausreichen dürften wenn man die klanglichen einschränkungen durch den fehlenden 2. ADSR bedenkt. Pfiffig ist hingegen die Programmumschaltung während des Spiels gelöst: Erst wenn die Taste ENTER gedrückt wird, kommt der neue, zuvor aus dem Speicher gewählte Sound zum Einsatz.


FAZIT
  Klanglich hat uns der Kiwi gut gefallen. er hat gegenüber seinem Gegenpart, dem JX-3P etwas mehr Bässe, klingt nicht so mechanisch, obwohl er nicht, wie sein Roland - Konkurrent über einen Chorus-Effekt verfügt. Originell, aber alles andere als praktisch ist die Bedienungsanleitung, welche auf Computer-Tabellierpapier ausgedruckt wurde. Der Insider-Gag (oder wars die Sparsamkeit?) löst sich nach kurzer Zeit in zerknitterte Einzelblätter auf.
      Alles in Allem liegt beim Kiwi der Schwerpunkt eindeutig bei der Computersteuerung über das Interface. Dann vielleicht entfaltet der Kiwi seine volle Leistungsfähigkeit, ansonsten ist es ein durchaus interessantes Poly-Keyboard für jemanden, der sich für wenig Geld nach einem dynamisch spielbaren Keyboard umschaut. Als ausgeprochener Synthesizer kommt er aufgrund der vielen Einschränkungen und der spartanischen Ausstattung nicht in Frage. Bitte, hört Euch den Kiwi einmal selbst an.
Ladenpreis 1984 ca. 2990.- DM