Dr. Böhm - Soundlab

auch der folgende Bericht wurde von uns für die SFB-Sendung "Steckdose: Computermusik - Musikcomputer" geschrieben. Redakteur und Hauptmacher der Sendung war Wolfgang Layer.



Testbericht
Noch eine Vorbemerkung:
      Obwohl unser "eiserner Grundsatz" lautete:"Wir lassen uns nicht beeinflussen: Ehrlich und offen bis zum letzten", hatten wir damals Bedenken, den folgenden Bericht abzuliefern. Er fiel so schlecht aus, daß es auch mit "sanfter Ausdrucksweise" nicht zu beschönigen war. Damit man uns glaubte, hatten wir eine Reihe von Soundbeispielen, die zu jedem der Tests in der "Steckdose" gehörten direkt im SFB-Studio eingespielt, Gelegenheit für uns, auch Wolfgang Layer auf die groben Fehler, die teilweise schon in Richtung Schwindel gingen, hinzuweisen. Dennoch, für Dich hier der Test:


   ....Der Mann mit dem Koffer.....nein, bleiben wir noch in der "Steckdose", der Krimi kommt später. Trotzdem haben wir es heute mit einem Koffer zu tun, genauer gesagt, mit seinem Inhalt: In diesem, unserem  Koffer steckt das Gerät der Woche, das SOUNDLAB-Modularsystem von Dr. Böhm. Der Name Böhm deutet es bereits an: Selber bauen ist angesagt. Also hergehört, alle Freunde von IC und Widerstand, Transistor  und Lötkolben........aber halt!..    Alle anderen brauchen deshalb nicht gleich abzuschalten denn das Soundlab ist ein preislich recht günstiges System, wodurch es auch sicher für manch anderen Synthesizerbegeisterten interessant wird, der noch nicht  vom Bastelfieber befallen ist. Nun, warum nicht mal ein bisschen fummeln wenn es helfen kann, Geld zu sparen.....
         In den letzten Jahren hatte man zuweilen den Eindruck, modulare Synthesizer fielen einer fortschreitenden Schwindsucht zum Opfer. Vor nicht einmal zwei Jahrzehnten noch bewunderte Exponenten einer neuen Musiklandschaft, sind modulare Synthesizer häufig zu teuer für Durchschnittseinsteiger, oder scheinbar zu aufwendig in der Bedienung. Ist der Modularsynthesizer nun der Dinosaurier des Digitalzeitalters? - Dazu verurteilt, in Heimstudios einiger Unverbesserlicher sein voluminöses Dasein au fristen ?  Das Soundlab scheint ein klares "Nein" als Antwort auf diese Frage zu sein, es erscheint als Herausforderung für diejenigen, die sich nicht damit begnügen wollen, fertige Klangprogramme per Knopfdruck abzurufen, diejenigen, die noch einen SYNTHESIZER zu bedienen wissen! Klar, das ist unpopulär weil es Mühe macht, aber was sind denn noch Synthesizer, die klanglich kaum mehr bieten wie es vorprogrammierte Orgeln schon seit Jahren tun?
          Nun aber endlich zum Soundlab!  Das uns zur Verfügung gestellte Gerät ist laut Berliner Vertrieb, eines der sogenannten NULLSERIE, ein Prototyp also: Mängel, die bei diesem Gerät vorhanden sind , müssen nicht zwangsläufig auch bei den Serientypen au finden sein. In unserem Testbericht können wir darauf aber keine Rücksicht nehmen: Wir können nur testen was uns auf den Tisch gestellt wird und das sind dann doch immer Produkte gewesen, von denen die Hersteller überzeugt waren..
          Die Grundversion, die in einem pechwarzen Plastikkoffer steckt (etwas größer als ein Geigenkasten) soll etwa 1450.- DM kosten. In der einen Gehäusehälfte befindet sich die 4-Oktaven - Tastatur plus einem X-Y Joystick als Spielhilfe. Desweiteren sind auch noch die Tastaturelektronik, Portamentoregelung, Oktavschalter, Fine Tune-Regler und Ähnliches in dieser Hälfte untergebracht. In dem anderen Gehäuseteil findet man den eigentlichen Synthesizerteil, bestehend aus VCO, VCF (welcher sowohl Tiefpass, wie auch Hoch-, Bandpass-, und Bandsperrfilterfunktionen bietet),  Doppel VCA und last but not least schließlich noch eine Modulationseinheit mit LFO, Ringmodulator, Rausch- und Randomgenerator und einen kleinen Mixer. Soweit die fünf vorhandenen Module der Grundversion. Zusätzlich dazu enthält unser Testgerät einen Verstärkerbaustein und einen eingebauten Lautsprecher. Ganz Mobile haben also die Möglichkeit, sich das Köfferchen zu schnappen und überall dort zu Synthetisieren wo's eine Steckdose hat - und die sind  ja mittlerweile recht verbreitet.
         ....Aber bleiben wir vorerst beim Synthesizer:  Hat man nicht gleich beim Aufklappen das Diodenkabel abgerissen welches Keyboard und Elektronik miteinander verbindet, und das man beim Eigenbau auf jeden Fall länger machen sollte, können mit den dazu vorgesehenen Bananensteckerkabeln gleich die Verbindungen für die ersten Sounds gemacht werden. Das mit den Bananensteckern mutet dem Laien zwar etwas primitiv an, ist aber eigentlich eine ganz tolle Sache. Steckverbindungen können so theoretisch auch während des Spiels ständig verändert werden, ohne daß es zu Kurzschlüssen und damit zu Knackgeräuschen kommt. Multiple - Steckverbinder benötigt man obendrein auch nicht weil man die "Bananen" beliebig oft ineinander stecken kann. Leider sind die Ein- und Ausgänge der Module nicht genügend gepuffert, das heiß wenn man beim Spielen mal ein Kabelende mit der Hand umfaßt wird es laut brummen, hängt mal ein Kabel offen herum, wird aus dem Synthy schnell mal ein Mittelwellenradio das jegliche Art von HF einfängt (unnötig!)  Eine weitere Schwierigkeit besteht darin, daß bei nachträglichen Verkabelungen immer wieder der Klang an den verschiedenen Modulen. nachgestellt werden muß weil es Rückwirkungen gibt. (Faden einfädeln beim gestreckten Galopp!). Das führt mit Sicherheit dazu, das Einsteiger in die Musikelektronik schnell die Lust an weiteren Experimenten verlieren.
         Der Oscillator liefert alle gängigen Wellenformen und ist eigentlich auch stimmstabil. Die Steuerung von Frequenz und Pulsweiten funktioniert gut. Ob das bei der vorhandenen Synchronisation auch der Fall ist können wir unmöglich sagen, mit nur einem VCO ist das bekanntlich etwas schwierig. Nur 1 VCO! Damit läßt sich einfach nichts anfangen! Schade nur, daß nicht jeder VCO (wenn man welche dazukauft) einen eigenen Oktavschalter hat.  Der Filter, der wie bereits erwähnt alle 4 Charakteristiken aufweist, zeigte in unserem Gerät bei bestimmten Grenzfrequenzen bei hoher Resonanz einen bösen Sprung und zum Teil auch recht üble Störgeräusche. Da hilft es dann auch nicht, daß der Filter auch ohne Signal zur selbständigen Sinusschwingung in der Lage ist, er ist einfach nicht hinreichend funktionsfähig. Der Grundsound des Filters ist durchaus
 gut, hinreichend bekannt auch von anderen Firmen die ebenfalls die CURTIS-Chips in Ihren Schaltungen verwenden. Bei den VCA's die sich sowohl linear, wie auch exponentiell steuern lassen, ist mitunter das Steuersignal deutlich durchzuhören.
         Zu den Steuerelementen:  Der Hüllkurvengenerator hat dADSR-Charakteristik, also zusätzlich zu ATTACK, DECAY, SUSTAIN und RELEASE noch eine großzügig dimensionierte DELAY-Zeit. Die Zeiten sind gut, obendrein lassen sich alle Parameter auch noch spannungsteuern. Es folgt das Modulationsmodul: Der Rauschgenerator hat in allen Bereichen, er läßt sich stufenlos vom rosa bis hin zum blauen Rauschen einstellen, starke tieffrequente Schwingungen, die das Ausgangssignal überlagern. Diese Störungen, lassen die Verwendung des Noise-Moduls sowohl als Signalerzeuger wie auch als Modulationsquelle nicht zu - es ist absolut unbrauchbar. Der Randomgenerator und. der LFO funktionieren gut, wenn auch zwei Wellenformen für einen Modulationsgenerator zu wenig sind. Ob der Ringmodulator tatsächlich ein solcher ist, ließ sich nicht mit letzter Sicherheit feststellen, wir vermuten eher eine entfernt ähnliche Sparschaltung. Sollte es jedoch tatsächlich ein echter Ringmodulator sein, haben wir nie einen schlechteren gesehen. Der Sample & Hold Generator verschleift die Steuerspannungen, auch wenn man es gar nicht will und präzise Sampeln tut er auch nicht.
         Beim Aufbau unseres Gerätes scheint man einige Kabel vergessen zu haben denn einige Funktionen laufen garnicht, so auch der Joystick oder die Triggerumschaltung, die im Bereich der Tastatur zu finden sind. Angesichts der doch sehr einfachen, wenig brauchbaren Elektronik erscheint es uns nicht unbedingt sinnvoll weitere Module in die noch freien Plätze zu stecken. Insgesamt würden noch drei bis fünf weitere in das Gehäuse passen, man müßte aber eventuell auf den
 Lautsprecher verzichten. Alle Module sind zum Einheitspreis von Stück a' 149.- zu haben. Wer sich den Luxus erlauben will und fertiges kaufen möchte muß das mit einem recht saftigen Aufschlag von rund 100%  bezahlen.


Fazit:
          Das Konzept dieses Gerätes ist sicher interessant für Leute, denen der Korg MS-20 nicht modular genug, der Formant jedoch zu komplex im Aufbau ist. Ärgerlich für Musiker ist der Umstand, daß die Tastatursteuerspannung erheblich driftet, sich der ganze Kasten recht schnell verstimmt weil die Spannungsspeicherung in der Keyboard-Elektronik nicht gut genug ist. Es ist für uns zwar nicht nachvollziehbar, ob Entwicklungsfehler oder ob nur enormer Pfusch beim Zusammenbau zu diesem, im Ganzen doch insgesamt traurigen Resultat geführt haben - eine tiefgreifende Überarbeitung des Systems ist jedoch unumgänglich. In diesem Zustand kann man nur dringend vom Kauf abraten. So ist das SOUNDLAB System zweifelsohne billig, aber nicht im geringsten preiswert.
       Ein Lob zum Schluß: Das von Böhm erhältliche Handbuch zum System ist sehr umfangreich und vermittelt ausführlich das Basiswissen welches jeder Synthesizerbenutzer haben sollte. Solche Handbücher vermissen wir schon seit Jahren von anderen Herstellern. (und bieten deshalb unsere Synthesizerkurse bei steigender Nachfrage weiterhin an)