Crumar - Spirit

auch der folgende Bericht wurde von uns für die SFB-Sendung "Steckdose: Computermusik - Musikcomputer" geschrieben. Redakteur und Hauptmacher der Sendung war Wolfgang Layer.


Testbericht

    ...ein Thema der heutigen Sendung soll eine eingehende Betrachtung des " SPIRIT " der italienischen Firma CRUMAR  sein wird ein ungewöhnlicher Testbericht werden, handelt es sich doch um ein ungewöhnliches Gerät.
      Ein echter Musiker aus der Scene würde wahrscheinlich nach dem ersten Betrachten des Instruments, stellvertretend für viele seiner Kollegen lakonisch bemerken : "Ey,Alter,der is ja monophon und nich ma projrammierbar,  un denn ooch man bloß zwee Leuchtdioden – un dafür willste fast zwee Mille haben?  – Nee, lass man jut sein.....". Er würde sich dann bestimmt scheinbar vielversprechenderen Angelegenheiten zuwenden.
     Obwohl der SPIRIT kaum ein Gerät ist, welches man als "grell-ätzend" bezeichnen kann -  und sein Anwendungsbereich ist nach gängiger Anschauung sicherlich begrenzt, lohnt sich dennoch eine nähere Betrachtung. Um das etwas näher zu erläutern, und weil es sich ja um einen ungewöhnlichen Testbericht handelt, stellen wir einmal die Schlußbewertung an den Anfang:

         Der SPIRIT ist in erster Linie ein Synthesizer für diejenigen, die im Heimstudio ihrem Hobby frönen, und keine Lust haben, andauernd ihre Musikanlage umzustellen, weil sie an die Grenzen ihrer Instrumente stoßen oder weil die Industrie mit Neuigkeiten lockt. Die ausgereift zeitlose  Konzeption des Spirit ermöglicht es von „Null" anzufangen, ohne das Wochen verstreichen bevor man den ersten gewollten, befriedigenden Sound eingestellt hat. Andererseits ist es mit dem Instrument möglich über Jahre intensiv zu arbeiten, ohne daß durch eine zu geringe Klangbandbreite Grenzen gesetzt werden und es einem langweilig wird. Überrascht hat uns der für die Firma CRUMAR ungewöhnlich solide, äußere und interne Aufbau des Instrumentes. Das Design der Frontplatte ist dezent wie auch der Gesamteindruck des mit vie1 echtem Holz gestalteten Gerätes. Zusammen mit einem sehr vollen, ansprechenden Grundklang ist das der Grund dafür, daß einem das Instrument schnell sympathisch wird. Daran ändert auch die, auf den ersten Blick  unübersichtliche Gestaltung der Bedienungselemente nichts.
          Es fällt dagegen schwer, sich den SPIRIT als monophonen  Lead-Synthesizer im Bühneneinsatz vorzustellen, gehört doch die Möglichkeit der Klangprogrammierung, über die  der Spirit nicht verfügt, schon fast zum selbstverständlichen Outfit derartiger Instrumente. Bevor man ein  vorschnelles Urteil über die Eignung des SPIRIT als Bühnensynthesizer fällt, sollte man sich einige Gedanken  über den nach wie vor hohen Beliebtheitsgrad des legendären Mini-Moog machen. Obwohl ebenfalls nicht programmierbar, ist der Mini-Moog wegen seiner unerhörten Klangvielfalt und seiner guten Bedienbarkeit der bis zum heutigen Tage der meistbenutzte monophone Bühnensynthesizer. Da über Ähnlichkeiten im äußeren Erscheinungsbild hinaus zwischen dem SPIRIT und dem Mini-Moog enge Para1lelen bei Aufbau, Klangcharakter und Grundidee zu bemerken sind, scheint die Aussage seitens des Herstellers durchaus glaubhaft, daß Synthesizeraltvater ROBERT MOOG für die Konzeption des SPIRIT verantwortlich zeichnet. Für den professionellen Studiobetrieb wird man aufgrund besserer Finanzsituation, trotz der Qualitäten des SPIRIT eher auf ein Modular - Synthesizersystem zurückgreifen. Mit einem Anschaffungspreis von deutlich unter 2000.-DM ist der SPIRIT sicherlich eines der interessantesten Geräte für den ernsthaften Synthesizer-Anwender.

Nun aber zum eigentlichen Test:

        Genaugenommen besteht der Spirit aus zwei Synthesizern, die je nach Arbeitsweise des Musikers mehr oder weniger zusammenwirken. Der Erste ist organisiert nach Art eines komfortablen Anfängersynthesizers. Es stehen als Signalquellen  zwei spannungssteuerbare Oszillatoren und ein Rauschgenerator zur Verfügung. Die Signale dieser drei Quellen können in beliebigem Verhältnis gemischt werden und durchlaufen dann Tiefpaßfilter und VCA, die je von einem ADSR - Hüllkurvengenerator angesteuert werden. Portamento, moogtypisch GLIDE genannt, und ein einfacher LFO- Effekt sind schnell herausgefunden. Die beiden VCO’s lassen sich beliebig gegeneinander verstimmen, VCO-2 kann von der Keyboard Steuerspannung freigeschaltet werden um als unabhängiger Modulator oder als Tongenerator zur Erzeugung von Borduninstrument ähnlichen Klängen ( Dudelsack, Drehleier, Glasharfe) Verwendung zu finden. Beide Generatoren liefern umschaltbar die gängigen Wellenformen und sind synchronisierbar. Der Arbeitsbereich ohne Tastatur - Ansteuerung beträgt 8 Oktaven. Der Filter, in seiner Charakteristik zwischen 12 dB und 24 dB Steilheit umscha1tbar,  geht zwar in Resonanz, diese ist allerdings nicht ohne Eingangssignal möglich, so daß der Filter nicht als  selbständiger Sinusoszillator Verwendung finden kann. Dieser Umstand ist besonders bedauer1ich,da Filter-Tracking, das heißt Grenzfrequenzsteuerung mit der Keyboard - Steuerspannung regelbar möglich ist. Die beiden Hüllkurvengeneratoren haben die übliche ADSR - Charakteristik, die Zeiten sind o.k., wenn auch in einigen Bereichen nur schwer einstellbar. Der, dem Filter zugeordnete Envelopegenerator kann in einstellbarer Stärke direkt oder invertiert zur Wirkung  kommen. Der Glide - Effekt kann in zwei Betriebsarten eingesetzt werden, entweder zum verschleifen der Tonhöhe nach jedem Tonhöhenwechsel, oder im "Auto - Glide" - Modus nur dann, wenn man auf der Tastatur Legato spielt. Zum Pitchbenden steht das übliche Handrad mit Mittelstellung, darüber hinaus ein Modulationsrad für den Spieler bereit. Soweit alles paletti, alles normal, bisher wie gesagt.......
        .......Soweit ist der SPIRIT ein ganz normaler Synthesizer doch wo andere aufhören, fängt er erst an seine Möglichkeiten auszuspielen. Da ist noch ein drittes Handrad und man entdeckt auf der Frontplatte des Gerätes noch weit mehr als zur Bedienung des bisher erwähnten notwendig ist: So entdeckt, man Bereiche "MOD X /  SHAPE Y", gekennzeichnet, drei Schalter mit der Bezeichnung Gate - Select und ein Feld "Wheel - Destinations". Der Signal - Mixer ist, umfangreicher als er eigentlich sein bräuchte und auch einige, bisher noch nicht beachtete Filterkontrollen  muten etwas fremd an.
         Doch genug des Rätselratens : Der SPIRIT enthält noch einen zweiten Filter dessen Funktion Hochpass-Bandpaß oder Overdrive (übersteuerter Tiefpaß) die Wirkung des bereits erwähnten Tiefpaßfilters verstärken. Die Umschaltung der Filtersteilheit wirkt auch auf diesen Filter während  seine Grenzfrequenz separat eingestellt werden kann. Dadurch werden im Bandpaß -  Modus Frequenzbänder unterschiedlicher Bandbreite mög1ich,ein Luxus, den bisher nur modulare Synthesizersysteme geboten haben. Die Resonanz kann bei beiden Fi1tern oder auch nur für den zweiten Filter, umschaltbar, eingestellt werden. Die Ansteuerung der Filter kann in zwei dynamischen Stufen erfolgen. Zusätzlich zu der Möglichkeit der Klangformung in den Filtern verfügt der SPIRIT über einen echten Ringmodulator, dessen Signal zusammen mit den Oszillatoren und dem Rauschsignal den zweiten Signalanteil bilden kann. Diese Signalmischung wird durch den in Kürze zu erklärenden Y-Shaper in seiner Klangcharakteristik geprägt. Es steht damit ein zweiter, von Filterung und Lautstärkenkonturierung unabhängiger Klanganteil bereit, we1cher entweder getrennt oder gemeinsam mit dem Filterklang den Gesamtklang des Instruments bildet. Wie bei Geräten mit wahlweisem Stereo- oder Monoausgang hat der Spirit zwei Ausgangsbuchsen an denen die getrennt produzierten Signale auch getrennt abgenommen werden können.   Und nun zum Herzen des SPIRIT und zum Höhepunkt des Tests. Zum X-Modulator und der Y–Shaper!!
       Hatte Sequential Cirquits beim Pro One bereits ein Multi - Modulationsfeld vorgeführt, macht Crumar mit Hilfe des Spirit dieser Idee jetzt Beine. Mußte man beim Pro One mit einem einfachen LFO und einem zweckentfremdeten VCO als Steuerspannungsgeber   zurechtkommen, bietet unser Testobjekt in Form der beiden Modulatoren Steuerspannungsgeber deren Mög1ichkeiten, die  einfacher LFO’s bei weitem übersteigen. Der Y-Shaper ist einerseits für die Amplitudenmodulation der vier, vor dem Filter abgenommenen Signale verantwortlich. Es ist ein, mit einem eigenen LFO ausgestatteter VCA, der entweder vom Keyboard in drei Betriebsarten getriggert werden kann, oder unabhängig läuft. Die Frequenz ist regelbar und man kann mit, einer Art Balanceregler die Wellenform von Sägezahn mit ansteigender Flanke, über Dreieck bis zu Sägezahn mit abfallender Flanke variieren. Der Y-Shaper kann damit wie ein Hüllkurvengenerator für den zweiten Klangweg arbeiten. Diese Konzeption ermöglicht es, sehr differenzierte, weil aus zwei Teilen bestehende Gesamtklänge zu schaffen. Zum Zweiten arbeitet der LFO des Y-Shapers noch als Modulations -LFO, der über eines der beiden Modulations - Handräder dynamisch Filter- oder Oszillatorfrequenz, Pulsbreite, ja sogar die Geschwindigkeit des LFO’s im X-Modulator beeinflußt. Drittens und letztens können sämtliche Funktionen des X-Modulators ähnlich wie das Signalgemisch dynamisch konturiert werden. Aber damit erst die halbe Miete denn jetzt gibt es ja da noch den X-Modulator! Auch hinter diesem verbirgt sich ein LFO der sogar ein VC - LFO ist, das heißt es handelt sich bei ihm um einen, in der Frequenz steuerbaren  LFO. Über das zweite der beiden Modulationshandräder wirkt der Modu1ator auf die gleichen Parameter wie der Y-Shaper. Weiterhin verbergen sich im X-Modulator Sample & Hold, Random und Cross-Modulation der VCO’s .In der gleichen Modulationssektion befindet sich auch ein Arpeggiator, der in drei  unterschiedlichen, vielseitig verwendbaren Betriebsarten eingesetzt werden kann. Das alles sollte man sich erst einmal in Ruhe auf der Zunge zergehen lassen.
        Auf der Rückseite des Gerätes befinden sich folgende Ein- und Ausgänge: CV und Gate - In und Outputs, Pedalanschlüsse für Filter- und Oszillator-B -Steuerung, die beiden, bereits erwähnten Signalausgänge sowie ein Audio-Eingang für externe Signale. Einen Kopfhörer - Anschluß haben wir leider vergeblich gesucht. Bleibt anzumerken, daß das Gerät durch eine bisher noch feh1ende Betriebsanleitung insbesondere für Anfänger etwas schwer zu verstehen ist.
Fazit:
      Mit dem SPIRIT wurde von Leuten, die wissen was sie tun, egal ob Moog oder nicht Moog , ein Gerät geschaffen, bei dem die Möglichkeiten eines relativ kleinen Synthesizers bis in Letzte ausgereizt wurden. Es ist ein wirklich gute gelungenes Instrument was man nur weiterempfehlen kann.