SYNTON - SYRINX

auch der folgende Bericht wurde von uns für die SFB-Sendung "Steckdose: Computermusik - Musikcomputer" geschrieben. Redakteur und Hauptmacher der Sendung war Wolfgang Layer.


Das heutige Gerät ist nicht die hundertste Neuerscheinung dieses Monats aus Japan, auch kein Synthesizer Rolls Royce aus den USA: Es ist kein superbilliger, programmierbarer, polyphoner, nicht einmal digital ist der heute zu beschreibende Synthesizer.. Doch wer jetzt sagt: "Kiek mal, jetzt macht der Wolfjang uff Ollteima !", liegt völlig falsch: Das Gerät der Woche ist ein brandneuer Vertreter der kleinen Gruppe von analogen, monophonen Synthesizern, gehört also zu den zeitlosen Instrumenten, die fern von Moderummel und Preiskriegen existieren.
      Nun mag mancher die Augenbrauen hochziehen, spätestens aber wenn ich nun mitteile, das dieses Instrument aus Holland kommt, sehe ich diverse Augen mit einem Seufzer himmelwärts gerichtet, begleitet von den Worten "Holland - Da kommt doch bloß Käse her, oder mal ne Gurke.."

      Die Firma Synton mag einigen Szenekennern schon mal über den Weg gelaufen sein, jahrelang produzierte man dort recht anständige Vocoder, der Einstieg in die Synthesizertechnik  wurde vor Jahresfrist mit einem einfachen, analogen Modularsystem gemacht. Der Syrinx dürfte wohl eine Art Ableger dieser Entwicklung sein. Zum Gerät selbst:

       Guter Standard in Form von 2 Oszilatoren, 2 Hüllkurvengeneratoren, 2 LFO's wird geboten, Rauschgenerator versteht sich, ein echter (!) Ringmodulator ist eine begrüßenswerte Zugabe. Herzstück und Knüller dieses Instruments ist jedoch der Filterbereich, der neben dem Standard-Tiefpass-VCF, zwei spannungssteuerbare Bandpassfilter enthält. Da beide dieser Filter mit unterschiedlicher Resonanz arbeiten können, hat man praktisch  zwei parametrische Resonanzfilter, die spannungssteuerbar sind. Für jeden der weiß, dass beim Synthesizer allem voran der Filter den Klang ausmacht, ist nun klar, daß hier ausnahmsweise mal an der richtigen Stelle draufgelegt worden ist. Schon beim ersten rumprobieren kommt es dann auch zu recht drolligen Klangeffekten, selbst wenn man sich noch nicht näher mit dem Syrinx vertraut gemacht hat.
       Versucht man nach dem Abklingen der ersten Spielfreude dann allerdings dem Instrument etwas systematischer näherzutreten schlägt die Stirn schnell Falten. Erstens verlangt die schwarze Frontplattenbeschriftung auf anthrazitfarbigem Grund hervorragende Beleuchtung, und selbst wenn diese vorhanden ist bleibt die Frontplatte ziemlich unübersichtlich. Sieht man von einer groben Strukturierung der Bedienelemente ab, ist der Rest systematisiertes Durcheinander!
Nun - dem Hersteller kommt das zu Nutzen, denn es braucht Zeit, bis man auf die Systemschwächen gestoßen ist: Was anfangs nach "viel" aussieht, entpuppt sich teilweise als indirekter Mangel. So ist es zwar recht nett, daß die VCO's durch 2 Kurvenformen des LFO2 angesteuert werden können, aber was nutzt einem das, wenn eine Modulation durch den ersten LFO oder einen der beiden Hüllkurvengeneratoren fehlt? Überhaupt führt LFO-1 ein bedauerliches Schattendasein, ist er doch ausschließlich für die Pulsweitenmodulation des VCO-2 zuständig. Ja, richtig gehört: der Aufwand zweier unabhängiger Modulationsgeneratoren, nur für eine luxuriöse Pulswellenveränderung! Dafür ist es dann aber unmöglich die einfachsten Synchronisationseffekte zu realisieren denn eine separate Ansteuerung des VCO-2 ist außer durch die "Bender" genannte Spielhilfe, nicht vorgesehen.
     Und so "ein paar Dinger" hat's da noch in ähnlicher Manier, ungeheurer Tiefgang einerseits, oberflächlicher Pfusch andererseits:
### Ein echter Ringmodulator - tolle Sache, aber warum werden nur die beiden VCO- Dreieckschwingungen benutzt?
### LFO-2 kann als "One-Shot" betrieben werden, er liefert bei Tastendruck also nur eine einzige Schwingung ab, ähnlich einem Hüllkurvengenerator - warum aber muß das ausgerechnet LFO-2 sein, der ja sowieso schon viel zu viel steuert? Also entweder Vibrato oder One-Shot
### Mit dem Bender, der eingebauten druckempfindlichen Spielhilfe kann man die LFO-Geschwindigkeit variieren, prima! Die Modulationstiefe muß man aber an bis zu drei Stellen gleichzeitig verändern! wer soll das können, wenn man kein Oktopus ist !?
### Die Tastatur kann man im Multitrigger-Modus spielen, eine schöne Spielerleichterung, aber warum gibt es eine LOW-NOTE-PRIORITY, da ist sie futsch - die Erleichterung und der Auto-Glide Effekt, der realistisches Legatospiel erleichtert, geht dann gleich mit den Bach herunter.
      Nun aber genug Gift gespritzt, es besteht die Gefahr das ein verzerrtes Bild aufkommt wenn die wesentlichen Stärken wie guter Klang, Filtersektion und oppulente Ausstattung in drei Sätzen abgehandelt werden und man über die kleinen Schwächen nörgelt. Über einen Porsche könnte ich auch stundenlang meckern und finde ihn trotzdem toll.... Etwas näher betrachten will ich zwei Elemente des Syrinx, die Möglichkeiten der Multifilter Benutzung und den Bender. Die Filter selbst hatte ich bereits beschrieben. Interessant ist, daß  man seinen aus den Quellen VCO-1, VCO-2, Sub-VCO, Ringmodulator und Noise zusammengemischten Grundklang auf vier Arten durch die Filter jagen kann. Teilweise auch Teile des Gesamtklanges auf getrennten Wegen, so zum Beispiel VCO's durch den Tiefpaß, Ringmodulator und Noise durch die beiden Bandpässe. Man braucht einige Zeit, sich in die einzelnen Mechanismen reinzudenken, aber unserer Steckdosentruppe hat das schon einigen Spaß gemacht an diesem 3 1/2 Oktaven kleinen Kerl herumzuspielen. Daran nicht ganz unschuldig ist auch der Bender. Darunter hat man sich zwei nebeneinander liegende Platikzungen vorzustellen bei denen per Druck eine Steuerspannung abgesenkt bzw. angehoben wird - und das abhängig von der Druckstärke. Da kann man mal die sonst so gelassene Elektronik so richtig quälen, mit körperlichem Einsatz spielen! Man erinnert sich, daß die letzten Synthis der leider bankrott gegangenen Firma ARP eine ähnliche Einrichtung hatten, das sogenannte PPC, die von den Musikern sehr positiv aufgenommen wurde. Mal sehen, ob der Syrinx mit seinem Bender ähnlichen Zuspruch erfahren wird. Da wir es mit dem Meckern aber nicht lassen können: Etwas vorteilhafter hätte man den Bender jedoch plazieren sollen.


FAZIT
    Was läßt sich nun in toto zum Syrinx sagen? Nun, es wäre sicher fehl am Platze, den Syrinx für den Bühneneinsatz vorzuschlagen mit der Frontplatte und ohne Programmiermöglichkeiten sieht es da eben etwas schlecht aus. Da die Regler und andere Bedienelemente direkt auf der Platine sitzen, wird das Gerät mechanisch sehr anfällig (wie beim Sequential Circuits Pro-One), also auch ein Argument gegen die Bühne. Also stellt man sich den Syrinx am besten ins Heimstudio und behandelt ihn wie die Freundin, pfleglich und sanft. Er liefert dann eine Menge netter Sounds und belastet den Geldbeutel des Musikus nicht allzusehr. Ein Gerät für den Hobbisten der auf dem Teppich bleiben will, nicht perfekt, aber ganz o.k.