DIE STEUERSPANNUNGSERZEUGER
Der Hüllkurvengenerator (Envelope Generator, ADSR, AR, usw..)
Jedes natürliche Schallereignis verändert sich im Lauf der Zeit, zumindest
hört es irgendwann wieder auf. Manche Schallereignisse wie zum Beispiel
ein Schuß sind sehr kurz, andere erscheinen uns schier unendlich lang
und gleichförmig (Wind, Brandung, Verkehrslärm, Büttenreden...).
Damit auch unsere elektronischen Klänge dynamischer werden ohne die Hilfe
von sechs Händen in Anspruch nehmen zu müssen, benutzen wir Hüllkurvengeneratoren.
Diese werden mittels Startimpulsen ausgelöst und lassen dann eine zuvor
eingestellte Steuerspannungskurve ablaufen. Gestartet werden sie meist von GATE-
oder TRIGGER- Impulsen der Tastatur von Sequenzern oder CLOCK-Generatoren
Die Steuerspannungen von Hüllkurvengeneratoren werden üblicherweise überwiegend zum steuern von Filtern und VCA's benutzt. Andere Verwendungsformen sind recht unbekannt aber sehr effektvoll. Alle Steuerspannungen die ein Hüllkurvengenerator erzeugt sind, mit einer Ausnahme, zeitabhängig einstellbar. Welche Funktionen die einzelnen Regler besitzen soll die Abbildung verdeutlichen:
Attack (Anstiegszeit)
Mit dem Attack - Regler stellt man die
Zeit ein, die vom Starten des Generators bis zum Erreichen seiner maximalen
Ausgangssteuerspannung (10 Volt) vergehen soll. Der Attack Regler regelt also
nur die ZEITSPANNE. Die maximale Steuerspannung wird in jedem Fall erreicht.
DECAY (primäre Abklingzeit)
In der einstellbaren Decayzeit sinkt die,
nach Ablauf der Attackzeit erreichte, maximale Steuerspannung auf einen Wert
ab, den man mit dem Sustain Regler einstellen kann. Der DECAY Regler regelt
also auch eine ZEITSPANNE
Sustain (Spannungspegel)
Mit dem Sustain Regler kann man einen Spannungswert
zwischen 0 Volt und dem Spannungsmaximum (normalerweise 10 V) einstellen. Diese
Spannung liegt dann nach Ablauf von Attack und Decay am Ausgang des Hüllkurvengenerators.
Abgebrochen wird diese Dauerspannungabgabe erst, wenn am Starteingang des Generators
der Gateimpuls abgeschaltet wird. (z.B. durch lösen einer Taste auf dem
Keyboard). Der Sustain Regler stellt also keine Zeit sondern eine SPANNUNG
fest ein und fällt daher etwas aus dem Rahmen. SUSTAIN ist ein Spannungswert
- KEINE ZEIT !
Hier schmunzelt
der Synthi-Crack über die Gitarreros, die gern noch einmal den Neuwert
ihrer Klampfe in vergoldete Massiv-Messing Zubehörteile investieren um
den "Sustain" (der je eigentlich ein Release ist) derselben zu verlängern
(!!) Man spricht eben eben doch eine andere Sprache ;)
Release (finale Ausklingzeit)
Mit dem Release Regler letztlich
stellt man die Zeit ein, welche vergehen soll, bis nach Ende des Gate Impulses
die Ausgangssteuerspannung am Hüllkurvengenerator vom Sustain Wert wieder
auf 0 Volt absinkt. RELEASE ist die finale AUSKLINGZEIT
Allgemeines:
Schaut Euch die Darstellungen genau an
und vergeßt niemals, daß die maximale Steuerspannung in jedem Fall
erreicht wird. Sollte diese CV zu hoch sein für Steueraufgaben, kann man
sie ja bequem entweder an den zu steuernden Modulen oder aber mit Hilfe von
separaten Abschwächern feinfühlig einstellen.
Hier noch eine kleine Übersicht darüber, welche Zeiten ein guter Hüllkurvengenerator aufweisen sollte:
ATTACK : extrem kurze Zeit bis 10 Sekunden
maximal
DECAY : 3 bis 10 Sekunden
SUSTAIN : 0 bis 10 VOLT (!)
RELEASE :10 Sekunden oder mehr
AR : Attack - Release
ADSR : Attack - Decay - Sustain - Release
hADSR : Hold (Gate Hold) - Attack - Decay - Sustain -
Release
dADSR : Delay (Gate Delay) - Attack - Decay - Sustain
- Release
VCADSR : Voltage Controled - ADSR
und andere denkbare, nicht immer notwendige Kombinationen
Zur Erklärung von Sonderfunktionen :
Ein GATE - DELAY
(d) ist eine elektronische Schaltung, die den Startimpuls für den Hüllkurvengenerator
um eine einstellbare Zeitspanne verzögert. Die Verzögerungszeit von
bis zu 3 Sekunden reicht aus um beispielsweise nach einem sanften Lautstärkenanstieg
(ADSR 1 steuert VCA), dann eine plötzliche Filteröffnung (dADSR mit
Delay steuert Filter) zu erreichen.
Einen HOLD Regler habe ich bisher nur am KORG MS 20 entdecken können. Dieser verlängert ein Gate oder Trigger künstlich um bis zu 20 Sekunden. Danach geht’s wie bei jedem anderen ENVELOPE GEN. weiter (Release setzt ein).
SPANNUNGSSTEURBARE ADSR,
z.B. VC-ADSR - Generatoren findet
man nur sehr selten, eine exakte Steuerung erfordert vom Hersteller erheblichen
technischen Aufwand. Bei ihnen ist es nicht nur möglich die Dauer der gesamten
Hüllkurve mit dem SCALE - Regler schnell mal zu verändern, man kann
auch zum gleichen Zweck Steuerspannungen benutzen. Anbieten tut sich hier auf
jeden Fall die Keyboard - CV, welche dann auch die Länge des gespielten
Klanges beeinflußt. Das ist eine schöne Möglichkeit z.B. bei
Synthesen von natürlichen Instrumenten. Dort verklingen ja auch die energieärmeren
Töne eher wie die tieferen Frequenzen. Bei den VC-ADSR´s des Axiom-Systems
von BME bestand sogar die Möglichkeit den Sustainpegel zu modulieren. In
vielen Fällen spart man sich dadurch bei komplexeren Klängen eine
Menge Patchcords (Verbindungskabel) und zusätzliche Baugruppen. Die abgebildete
Frontplatte (s. o.)erzeugt beim Erreichen einer einstellbaren Spannungsschwelle
(Regler: Level ) einen Startimpuls, über den dann schließlich ganze
Serien von Hüllkurven ausgelöst werden könnten..
Der LFO (Low Frequency Generator), zu Deutsch: Niedrigfrequenz-Generator, wird
fast ausschließlich zu Modulationszwecken als Steuerspannungser-zeuger
eingesetzt. Es gibt Bauarten von LFO´s, auch LOW-VCO´s genannt,
deren Frequenz auch mit einer externen CV gesteuert werden kann und deren Schwingun-gen
bis in den Hörbereich hinein reichten. Eigentlich sind das „nur" einfache
VCO´s, die jedoch besonders tiefe Frequenzen erzeugen können.. Die
Firma MOOG, die die Idee der Modularisierung in einem Modulsystem am konsequentesten
durchführte, bietet so erst gar keinen LFO
an. Bei MOOG werden einfach die VCO’s als Modulationsgeneratoren benutzt. Der
Frequenzbereich dieser „Edelteile" reicht immerhin von 0.005 Hz bis 40 kHz.
Eine weitere Variante stellen triggerbare LFO’s dar. Diese können
mit Hilfe von Trigger oder Gate jeweils vom höchsten oder vom niedrigsten
Spannungswert der vorgewählten Kurvenform aus, gestartet werden. Diese
Funktion wird unter anderem zur Steuerung externer Effektgeräte benutzt,
die ebenfalls spannungssteuerbar sind (z.B. Roland´s Studio-Phaser
880). Jaja, ich weiß: Sowas gibt’s nicht mehr, alles dem Digitalisierungswahn
geopfert worden. Der Vollständigkeit aber muß das erwähnt werden.
Damit sind wir auch schon bei
den Kurvenformen der LFO’s: Beim Kauf von Modulationsgeneratoren gilt
die einfache Faustregel: Je mehr verschiedene Kurvenformen ein LFO bietet, desto
besser kann er verwendet werden. Man findet so auch meist alle bekannten Wellenformen,
diesmal inklusive der Sinusschwingung die beim modulieren deutlich anders wirkt
wie das eben nur ähnliche Dreieck. Eine interessante Variante ist
ein LFO, bei dem jeweils alle Rechteck bzw. alle Dreieckschwingungen an zwei
getrennten Ausgängen anliegen. Die Kurvenformen kann man bei diesem Modell
mittels ‘WAVE - SHAPE -Regler stufenlos von einem Extrem zum anderen übereilenden.
Modulieren kann man in
einem Modulsystem so ziemlich alles: Die Frequenz von Tongeneratoren, diejenige
anderer LFO´s, die Grenzfrequenz und Resonanz von Filtern, Amplituden
beliebiger SV´s oder CV´s, ja sogar Zeiten lassen sich mittels LFO´s
beeinflussen. Die Anwendungen von LFO’s sind also sehr vielseitig, ja ich möchte
behaupten, daß man gar nicht genug von den Dingern haben kann. Die Steuerspannungsamplitude
beträgt selbstverständlich wieder 10 Volt, so daß es notwendig
ist, sie über einen Abschwächer auf andere Synthesizerfunktionen wirken
zu lassen damit die Modulationstiefe nicht zu heftig wird - aber das dürfte
inzwischen klar sein. Nun stellt Euch bitte mal vor welch herrlich „chaotischen"
Steuerspannungsverläufe man erhält, wenn man mehrere LFO-Kurven mischt
oder wenn man einen LFO mit einem anderen steuert - und dann diese, sekundäre
CV benutzt . . !?
Also
- nun mal nicht so träge, Leute ! Ran ans Experimentieren, ohne LFO’s wäre
die elektronische Musik wirklich das, was ihre Gegner oft vorschnell von ihr
behaupten, nämlich: statisch, mechanisch, langweilig, eben so wie
die hübschen Digitalkisten. (harhar)
Meist auf der Frontplatte des Rauschgenerators (das hatten wir doch schon mal !?) findet man auch die Ausgänge der sogenannten RANDOM - Spannung. Man spricht im Jargon einfach vom Random oder auch Slow Random. Diese Spannungsverläufe entstehen wenn aus dem Rauschen alle hörbaren Frequenzanteile herausgefiltert werden. Die Random - CV setzt sich aus eines Gemisch von Frequenzen zwischen 1 Hz und etwa 10 Hz zusammen und ist, da im Rauschen ja alle Frequenzen vorhanden sind (diese aber nicht ständig mit gleicher Amplitude), ständig in Bewegung. Die Kurvenform ändert sich ständig und es bietet sich uns somit die Möglichkeit, neben den vielen exakten, sich periodisch wiederholenden Steuergrößen auch mal eine recht zufällige, schwankende einzusetzen. Random läßt sich gut für dezente Filtermodulationen und Pulsweitenmodulationen einsetzen. Die Unterscheidung mancher Hersteller in Random und Slow - Random bezieht sich nur auf die Stärke der Filterung, also auf den Frequenzbereich der Ausgangsspannung dieses Moduls. Auch hier sei auf einige wenige Hersteller hingewiesen, deren Geräte mehr bieten als der Durchschnitt: Ich habe auch schon Random - Generatoren mir der Möglichkeit gesehen, die Ausgangsamplitude zu begrenzen und deren „Lage" zwischen positiv und negativ einzustellen. Man spart sich dadurch einiges an Arbeit mit den Patchcords, zusätzliche Abschwächer und Mixer! Wegen der Übersichtlichkeit ist eine Leuchtdiode zur Frequenzanzeige des LFO eine gute Sache und keine Spielerei.
Ein
eindringlicher Rat wieder einmal: Dem Anfänger quellen oft fast die
Augen aus dem Kopf, wenn er die Versprechungen der Geräteproduzenten hört
und die hübsch bunten Kataloge betrachtet. Cool bleiben
! Schaut Euch gerade diejenigen Produkte besonders genau an, die solche
Extras bieten! Nicht selten werden durch Gimmicks wie Leuchtdioden, Zusatzfunktionen
und phantasievolle Namengebung massive Mängel in den wichtigsten Funktionen
verschleiert. Es gibt aber auch solche, die beides bieten: Qualität UND
Vielfalt.
Sicher werden einige
von Euch dieses Kapitel aufschlagen, bevor sie den ganzen anderen „Kram" verdaut
haben. Von Sequenzern geht ein besonderer Reiz aus. Gut eingesetzte Sequenzer
übertreffen die spielerisch, technischen Möglichkeiten eines Tastendrückers
und dessen Durchhaltevermögen leicht. Dutzende von Knöpfen, Schaltern
und blitzenden, rasenden Leuchtdioden wie aus einem B-Movie des Genres Science
Fiction, das sind Sequenzer für die „handgemachte" elektronische Musik.
Wegen der Größe dieser Baugruppen werden sie meist in separaten Gehäusen
mit eigener Stromversorgung untergebracht. Nüchtern gesehen ist es der
Zweck eines Sequenzers, voreingestellte Spannungswerte der Reihenfolge nach
ablaufen zu lassen und bei Bedarf immer wieder zu wiederholen.
Größere, gut durchdachte
Geräte lassen es zu, eine Vielzahl von VCO’s, VCF’s und Hüllkurvengeneratoren
gleichzeitig zu steuern, ja sogar richtige polyphone Sätze aufzubauen,
diese schließlich mit frei wählbarer Geschwindigkeit ablaufen zu
lassen. Die Gefahr, die Sequenzer mit sich bringen, kommt von der Versuchung
den Maschinen einen zu großen Teil der Musik zu überlassen und selbst
dann nur noch die Begleitfunktion zu übernehmen. Unbestreitbar ist, daß
solche „Zauberkästen" in der Lage sind, hervorragende rhythmische Unterlagen
zu bilden zu denen sich gut spielen und improvisieren läßt. Die „von
Hand" gemachte Musik sollte aber eigentlich im Vordergrund stehen. Doch das
ist natürlich nur eine subjektive Meinung von mir, auch ich habe übrigens
auch oft damit Probleme wenn eingestellte Sequenzen einen solch dichten Klangteppich
bilden, daß schon jeder weitere Ton ein Übermaß bedeuten würde.
DIGITALE SEQUENZER - die Hardware-Lösung
sind eigentlich nur für den speziellen Fall der Tonhöhensteuerung
konstruiert. Die programmierbaren Sequenzer sind zwar meistens nur einkanalig,
aber weisen teilweise enorme Längen bis zu einigen tausend Schritten auf.
Filtersteuerungen sind meist nur begrenzt möglich, da der Spannungsbereich
oft nur bis 2,5 Volt reicht. Die Bedienung digitaler Sequenzer setzt kaum Kenntnisse
der Synthesizertechnik voraus und ist somit schneller und einfacher zu vollziehen.
Bei einer bestimmten Bauart werden nur noch die Verbindungen Keyboard CV in/out
und Gate in/out benötigt. Die gewünschte Sequenz braucht dann nur
noch auf der Tastatur eingespielt zu werden. Der Sequenzer ist in der Lage die
Keyboard-CV = Tonhöhe) und die zeitliche Abfolge der Gates (= Rhythmus)
zu lesen und zu speichern. Auf Knopfdruck kann man dann diese Sequenzen sofort,
oder bei Bedarf erst nach Wochen wiedergeben. Um auf diese Weise gute, rhythmisch
saubere Sequenzen zu erzielen, muß man aber schon selbst einiges spielerisches
Können mitbringen, auch eingespeiste Unsauberkeiten werden exakt und unbarmherzig
reproduziert. Bei Mehrspuraufnahmen per Tonbandgerät o.ä. addieren
sich dann auch Timing - Fehler so beachtlich, daß es manchem Tontechniker
nur so graust. Sicherer ist es, programmiert man jeden Schritt separat in Tonhöhe
und Zeitdauer. Diese Verfahren nennt man dann auch STEP by STEP - Programmierung.
Auf den ersten Blick scheint dies umständlich, hängt aber im wesentlichen
davon ab, wie der Sequenzer aufgebaut ist und wie oft man bereits gespeicherte
Sequenzen durch neue ersetzen will. Viele digitale Sequenzer besitzen eine Mehrzahl
von Sequenzspeichern und über eine „Ablaufsteuerung". Sie ermöglicht
es, verschiedene komplette Sequenzen in einer vorbestimmbaren Reihenfolge ablaufen
zu lassen. Als Musterbeispiel für diese Technik möchte ich den MFB
601 - Digital-Sequenzer nennen. Wie bei jedem anderen Sequenzer auch können
digitale Sequenzer nach einmaliger Ablauf der Sequenz stoppen, oder diese solange
wiederholen bis die Elektrizitätswerke den „Saft" abdrehen.
Obwohl ja eigentlich ausschließlich
von analogen Geräten die Rede sein sollte, habe ich also doch die digitalen
Sequenzer erwähnt. Dann noch eins drauf: Selbstverständlich ist heute
der Einsatz von Computerprogrammen zur Steuerung von sehr komplexen Sequenzen.
Diese Programme beherrschen das ganze spielerische Spektrum von den Tonhöhen,
Rhythmik, Betonungen und, und, und... Genug davon, dies hier ist schließlich
ein Kurs mit angeblich „antikem Wissen" und da schließen wir mal die Augen
vor der Gegenwart. ;-)